Priorisierung bei der doppelten Wesentlichkeitsanalyse – Ein Kommentar aus der Praxis

Erfahrungen & Kommentare

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5
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27.9.2024

Unsicherheiten bei der doppelte Wesentlichkeitstsanalyse

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DMA) ist ein Schlüsselinstrument, um sowohl die Auswirkungen eines Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft als auch die Risiken und Chancen für das Unternehmen selbst zu verstehen. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) geben dafür teils klare Anforderungen vor: Betrachtung von Zeithorizonten, Schwellenwerten, Auswirkungen sowie Risiken und Chancen, wobei insbesondere der Umfang, die Tragweite und die Unabwendbarkeit von Auswirkungen zu bewerten sind. Gleichzeitig verlangen die ESRS, dass der Prozess, der zu den wesentlichen Themen führt, beschrieben wird – ohne jedoch genau vorzugeben, wie dieser Prozess auszusehen hat.

Auf Basis meiner Erfahrung sehe ich, dass viele Unternehmen einem sehr detaillierten und granularen Ansatz folgen, bei dem jedes Thema nach Umfang, Tragweite und Unabwendbarkeit bewertet wird. Dabei entstehen oft riesige Datenbanken, die vermeintlich wissenschaftliche Ergebnisse liefern sollen – nicht zuletzt aus der Angst heraus, den Anforderungen der Prüfer nicht gerecht zu werden. Doch am Ende bleibt die Analyse intrinsisch eine Ermessenssache, und es braucht professionelle Urteilsfähigkeit, um zu entscheiden, welche Themen wirklich aufgenommen werden sollten und welche nicht.

Welche Themen sind wirklich wesentlich?

Es stellt sich also die Frage: Welche Themen zählen wirklich in der doppelten Wesentlichkeitsanalyse? Ein Beispiel:

Wenn ein Unternehmen Textilien herstellt, würde wohl niemand bezweifeln, dass Arbeitsbedingungen in der Lieferkette und der Wasserverbrauch wesentliche Themen sind. Das Geschäftsmodell und die Schlüsselaktivitäten des Unternehmens machen sofort klar, dass die Textilproduktion oft mit schlechten Arbeitsbedingungen in Zulieferfabriken sowie einem hohen Wasserverbrauch verbunden ist, insbesondere bei der Baumwollproduktion. Warum also viel Zeit darauf verwenden, diese Themen über einen sehr detaillierten Ansatz zu bewerten?

Der Fokus auf fragliche aber relevante Themen

In den Projekten, an denen ich beteiligt war, zeigt sich oft dasselbe Muster: Nach dem Prozess besteht schnell Einigkeit darüber, dass Themen, die direkt mit dem Geschäftsmodell zusammenhängen, wesentlich sind, und ebenso besteht Einigkeit darüber, dass das Unternehmen bei anderen Themen offensichtlich keinen wesentlichen Einfluss hat. Der Fokus verschiebt sich dann auf diejenigen Themen, die sich "an der Grenze" befinden – diejenigen, die knapp unterhalb der festgelegten Schwelle liegen und innerhalb des Unternehmens unterschiedliche Meinungen erzeugen.

Genau hier sollte die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ihren Schwerpunkt setzen. Die grundlegende Zielsetzung der EU-Standards ist es, sicherzustellen, dass Unternehmen über die Nachhaltigkeitsthemen berichten, die am wichtigsten sind. Dies sind diejenigen, die die betroffenen Stakeholder betreffen, weil das Unternehmen entsprechende Auswirkungen hat, und diejenigen, die für das Unternehmen wichtig sind, weil sie die finanzielle Leistung und Situation beeinflussen (können).

Aus meiner Sicht sind die Themen, die wirklich zählen, nicht diejenigen, die offensichtlich wesentlich sind (aufgrund des Geschäftsmodells) oder klar unwesentlich sind (ebenfalls aufgrund des Geschäftsmodells und der begrenzten Auswirkungen). Es sind vielmehr die Themen, die sich an der Schwelle befinden, die eventuell ausgeschlossen werden, wenn einfach nur ein Prozess befolgt wird, ohne weitere Untersuchungen anzustellen. Für viele Unternehmen scheint Biodiversität ein solches Thema zu sein: Aus verschiedenen Gründen fällt es in vielen DMAs heraus – aber ist das in allen Fällen wirklich korrekt?

Es ist eine Zeitverschwendung, eine detaillierte Analyse und umfangreiche Stakeholder-Engagements für die eindeutig wesentlichen Themen durchzuführen. Der Fokus sollte auf denjenigen liegen, die sich an der Grenze befinden. ## Wo sollte der Schwerpunkt in der Wesentlichkeitsanalyse liegen?

Hier ist eine weitere Untersuchung gerechtfertigt – in Bezug auf Umfang, Tragweite, Unabwendbarkeit und langfristige Zeithorizonte, da das Thema offensichtlich nicht eindeutig ein- oder auszuschließen ist. Diese Themen verdienen daher meiner Meinung nach "80 %" der Aufmerksamkeit in der DMA. Alles andere kann mit einem guten Verständnis des Geschäfts und offensichtlichen Schlussfolgerungen bewertet werden. Durch diesen pragmatischeren Ansatz würde die DMA auch deutlich besser akzeptiert werden – hoffentlich sehen das die Prüfer bald ebenso.

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