Executive Summary
Der VSME (Voluntary SME Sustainability Reporting Standard) ist der neue freiwillige EU-Standard für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ziel ist es, die Vielzahl unkoordinierter ESG-Anfragen durch Banken, Investoren und Geschäftspartner zu ersetzen – durch ein einheitliches, modulares und ressourcenschonendes Berichtsformat.
Die 7 zentralen Punkte auf einen Blick:
- Freiwilliger EU-Standard – entwickelt von EFRAG, empfohlen von der EU-Kommission.
- Entlastung – „If applicable“-Prinzip statt aufwändiger doppelter Wesentlichkeit.
- Modularer Aufbau – 11 Angaben im Basis- und 9 im Comprehensive-Modul.
- Harmonisierung – ersetzt fragmentierte ESG-Fragebögen.
- Finanzierungszugang – erleichtert Bankengespräche und Fördermittelanträge.
- Zukunftssicherheit – Brücke zu CSRD und ESRS.
- Empfohlene Light-Wesentlichkeitsanalyse – erhöht Glaubwürdigkeit, senkt Greenwashing-Risiken.
Einleitung
Ob bei Kreditgesprächen, in der Lieferkette oder im Investorendialog: KMU sehen sich immer häufiger mit Anfragen nach ESG-Daten konfrontiert. Bisher bedeutete das: ein Flickenteppich aus Excel-Tabellen, Fragebögen und Ad-hoc-Reports – zeitaufwändig, teuer und oft ohne einheitliche Logik.
Mit dem VSME schafft die EU-Kommission erstmals einen einheitlichen Standard, der den Aufwand reduziert, Vergleichbarkeit sicherstellt und Chancen eröffnet. Damit wird der VSME nicht nur zum Antwortinstrument, sondern zu einem strategischen Werkzeug für zukunftsfähiges Wirtschaften.
Was ist der VSME?
Der VSME-Standard wurde von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt, um die besondere Situation von KMU zu berücksichtigen: begrenzte Ressourcen, steigender Druck von außen und fehlende Klarheit, wie ESG-Daten sinnvoll berichtet werden können.
Er richtet sich an nicht-börsennotierte KMU bis rund 1.000 Mitarbeitende. Der Standard ist freiwillig, aber: Unternehmen, die heute schon mit Banken, Investoren oder großen Kunden im Austausch stehen, werden ihn als praktisches Pflichtwerkzeug erleben.
VSME vs. CSRD: Pflicht oder Chance?
Die CSRD macht ESG-Reporting für große und börsennotierte Unternehmen verpflichtend – mit hoher Komplexität und dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit. Der VSME ist anders: freiwillig, proportional und pragmatisch.
CSRD vs. VSME – der Vergleich für KMU
Kriterium |
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) |
Voluntary SME Standard (VSME) |
Ziel & Charakter |
- Regulatorischer Rahmen für umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung
- Kapitalmarkt- und Stakeholder-Transparenz im Fokus
- Hohe Vergleichbarkeit über Branchen und Länder hinweg
|
- Freiwilliger, proportionaler Berichtsstandard für KMU
- Entlastung und Vereinheitlichung von ESG-Anfragen
- Pragmatischer Einstieg mit Marktakzeptanz
|
Verbindlichkeit |
- Pflicht für in-scope Unternehmen gemäß Schwellenwerten
- Umsetzung in EU-Mitgliedstaaten verbindlich
|
- Freiwillige Anwendung für nicht-börsennotierte KMU
- Von der EU-Kommission empfohlen als Referenzrahmen
|
Geltungsbereich / Zielgruppe |
- Große Unternehmen und bestimmte gelistete KMU
- Konzernweite Betrachtung inkl. Auslandseinheiten
|
- Nicht-börsennotierte KMU (typisch bis ~1.000 Mitarbeitende)
- Lieferketten- und bankentaugliche Datengrundlage
|
Rechtsgrundlage / Standardsetzer |
- EU-Richtlinie (CSRD)
- EU-Standards ESRS (von EFRAG entwickelt, per Rechtsakt angenommen)
|
- Standard von EFRAG erarbeitet
- EU-Kommissions-Empfehlung zur freiwilligen Nutzung
|
Umfang & Struktur |
- Sehr detailliert; zahlreiche themenspezifische Anforderungen
- Hohe Datentiefe, breites KPI-Set
|
- Modularer Aufbau: Basis-Modul (11 Angaben) + Comprehensive (9 Angaben)
- Schlanker Einstieg, skalierbar nach Bedarf
|
Berichtsfrequenz & Stichtag |
- Jährlich im (Konzern-)Lagebericht
- Vergleichszahlen und definierte Berichtstermine
|
- Empfehlung: jährlich, parallel zum Jahresabschluss
- Ab Jahr 2: Vergleichszahlen sinnvoll (DIHK-Praxis)
|
Assurance / Prüfung |
- Externe Prüfung vorgesehen (zunächst limited assurance)
- Anforderungen an interne Kontrollen und Governance
|
- Keine Prüfpflicht
- Freiwillige Plausibilisierung/Review für Stakeholder möglich
|
Digitales Format / Tagging |
- Maschinenlesbarkeit und Tagging (z. B. XBRL/ESEF) im Aufbau
- Integration in digitale Berichtssysteme
|
- Kein verpflichtendes Tagging
- Strukturierte, exportfähige Daten empfohlen (z. B. für Banken/Kunden)
|
Politischer Kontext |
- CSRD gilt EU-weit; Anpassungen via Omnibus-Prozesse möglich
- Fördert umfassende Nachhaltigkeitstransparenz
|
- Teil des EU-SME-Relief-Ansatzes
- EU-Empfehlung (2025); geplante Value-Chain-Cap stützt VSME-Nutzung
|
Wichtig: Der VSME ist kein „Mini-CSRD“, sondern ein eigenständiger Standard. Er verschafft KMU Entlastung – und gleichzeitig die Chance, frühzeitig Strukturen aufzubauen, die später für eine CSRD- oder ESRS-Umsetzung genutzt werden können.
Politischer Kontext: SME Relief & Omnibus
Der VSME ist Teil des SME Relief Package von 2023. Ende 2024 übergab EFRAG den Standard an die EU-Kommission. Mit der Empfehlung vom 30. Juli 2025 wurde er offiziell als Grundlage für freiwillige KMU-Berichte anerkannt.
Das Besondere: Der VSME ist eingebettet in den Omnibus-Prozess, in dem Berichtspflichten verschoben und vereinfacht wurden. Zudem ist eine Value-Chain-Cap geplant, die Informationspflichten von CSRD-Unternehmen gegenüber KMU begrenzt – und sich inhaltlich am VSME orientiert.
Fazit: Der VSME ist politisch verankert und wird von der EU-Kommission aktiv gefördert.
Aufbau des VSME: Basis- und Comprehensive-Modul
Der VSME folgt einem klaren Baukastenprinzip mit zwei Modulen: dem Basismodul und dem Comprehensive-Modul.
- Das Basismodul ist verpflichtend, wenn ein Unternehmen den VSME anwendet. Es umfasst 11 Kernangaben und bildet die Grundlage jedes VSME-Berichts.
- Das Comprehensive-Modul ist optional und additiv. Es erweitert den Bericht um 9 zusätzliche Offenlegungen zu Themen wie Klimazielen, Risiken, Menschenrechten und Diversität.
Ein VSME-Bericht, der beide Module kombiniert, erfüllt die maximale Informationsanforderung gegenüber Banken, Investoren und Geschäftspartnern – zusätzliche ESG-Fragebögen werden damit weitgehend überflüssig.
Das Basis-Modul (Base Module)
11 Angaben decken die wesentlichen ESG-Themen ab: Unternehmensdaten, Energie & Emissionen, Wasser, Biodiversität, Belegschaft, Arbeitssicherheit, Weiterbildung, Gleichstellung und Anti-Korruption.
➡️ Schlanker Einstieg für jedes KMU – ohne Überforderung.
Allgemeine Informationen
B1 – Grundlagen der Erstellung
B2 – Praktiken, Strategien und künftige Initiativen für den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft
Umweltmetriken
B3 – Energie und Treibhausgasemissionen
B4 – Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden
B5 – Biologische Vielfalt
B6 – Wasser
B7 – Ressourcennutzung, Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement
Soziale Metriken
B8 – Arbeitskräfte: Allgemeine Merkmale
B9 – Arbeitskräfte: Gesundheit und Sicherheit
B10 – Arbeitskräfte: Entlohnung, Tarifverhandlungen und Ausbildung
Governance Metriken
B11 – Verurteilungen und Geldstrafen wegen Korruption und Bestechung
Das Umfangreiche Modul (Comprehensive Module)
9 zusätzliche Angaben für ambitionierte Unternehmen: Klimaziele & Transformationspfad, Klimarisiken, Menschenrechte, Diversität in Gremien, Umsätze in sensiblen Sektoren. Es ist der strateguische Ausbau für KMU, die Finanzierungszugang, internationale Lieferketten oder Investorenbeziehungen stärken wollen.
Allgemeine Informationen
C1 – Strategie: Geschäftsmodell und nachhaltigkeitsbezogene Initiativen
C2 – Beschreibung von Praktiken, Strategien und künftigen Initiativen für den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft
Umweltmetriken
Berücksichtigung bei der Berichterstattung über Treibhausgasemissionen unter B3 (Basismodul)
C3 – Treibhausgasreduktionsziele und Klimawandel
C4 – Klimarisiken
Soziale Metriken
C5 – Zusätzliche (allgemeine) Merkmale der Arbeitskräfte
C6 – Zusätzliche Informationen für die eigene Belegschaft: Menschenrechtspolitik und -verfahren
C7 – Schwerwiegende negative Vorfälle im Bereich der Menschenrechte
Governance Metriken
C8 – Einnahmen aus bestimmten Sektoren und Ausschluss von den EU-Referenzbenchmarks
C9 – Geschlechtervielfalt in den Leitungsorganen
Vorteile des VSME für KMU
Ein VSME-Bericht ist mehr als Reporting – er ist ein strategisches Instrument.
- Harmonisierung & Entlastung: Ein Standard ersetzt viele Fragebögen, reduziert Rückfragen und spart interne Ressourcen.
- Finanzierung & Marktposition: Klare ESG-Daten erhöhen die Sichtbarkeit bei Banken, Investoren und Förderstellen.
- Modularität & Skalierbarkeit: Einstieg einfach, später flexibel ausbaubar.
- Zukunftssicherheit: Anschlussfähig an CSRD/ESRS, senkt spätere Umstellungskosten.
Warum der VSME-Bericht sich lohnt
Vier konkrete Vorteile für kleine und mittlere Unternehmen – klar strukturiert, sofort nutzbar.
Harmonisierung & Entlastung
- Ein standardisierter Bericht ersetzt fragmentierte Fragebögen
- Weniger Rückfragen, klar definierte Datenpunkte
- Spart Zeit & interne Ressourcen – Fokus auf Geschäft
Ergebnis: weniger Aufwand, mehr Konsistenz.
Finanzierung & Marktposition
- Strukturierte ESG-Daten beschleunigen Kreditprozesse
- Bessere Sichtbarkeit bei Investoren & Förderstellen
- Stärkere Verhandlungsposition in der Lieferkette
Ergebnis: leichterer Zugang zu Kapital & Aufträgen.
Modularität & Skalierbarkeit
- Einstieg mit Basis-Modul (11 Angaben), später erweiterbar
- Berichtsinhalt richtet sich nach Relevanz (if applicable)
- Anpassbar an Branche und Kapazitäten
Ergebnis: „start small, scale smart“.
Zukunftssicherheit & Übergang
- Frühe Vorbereitung auf CSRD/ESRS – ohne Overhead
- Robuste ESG-Datenbasis für Strategie & Reporting
- Interner Lernpfad, geringere Greenwashing-Risiken
Ergebnis: langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Der VSME-Bericht in 5 Schritten
Die Einführung des VSME folgt einem klaren Ablauf. Diese fünf Schritte helfen Ihnen, den Standard schlank und praxisnah in Ihre Unternehmensrealität einzubetten:
1. Berichtsgrenzen festlegen
Definieren Sie, welche Einheiten, Standorte und Zeiträume in den Bericht einbezogen werden. Die Orientierung an bestehenden Finanz- oder Organisationsstrukturen erleichtert Konsistenz und Vergleichbarkeit.
2. ESG-Daten sammeln
Nutzen Sie vorhandene Quellen wie Energieabrechnungen, HR-Daten oder Zertifizierungen. Schließen Sie Datenlücken gezielt und vermeiden Sie Mehrarbeit, indem Sie auf bestehende Prozesse zurückgreifen.
3. Basis-Modul umsetzen
Dokumentieren Sie die 11 Pflichtangaben des Basis-Moduls – von Energie- und Emissionsdaten über Wasser und Abfall bis zu Belegschaft und Governance. Dies bildet die solide Grundlage jedes VSME-Berichts.
4. Comprehensive-Modul ergänzen (optional)
Wenn Sie strategische Vorteile nutzen möchten – etwa in der Finanzierung oder in der Lieferkette – erweitern Sie Ihr Reporting um die 9 zusätzlichen Angaben des Comprehensive-Moduls, z. B. Klimaziele, Risiken oder Diversität.
5. Bericht aufbereiten
Fassen Sie die Ergebnisse in einem klar strukturierten Dokument zusammen – entweder als eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht oder integriert in den Lagebericht. So können Sie die Informationen gezielt für Banken, Investoren oder Geschäftspartner nutzen.
VSME-Prozess: 5 Schritte
-
1
Berichtsgrenzen festlegen
Einheiten, Standorte und Zeiträume definieren; an bestehenden Finanz-/Organisationsstrukturen orientieren.
-
2
ESG-Daten sammeln
Vorhandene Quellen nutzen (Energie, HR, Einkauf) und Lücken gezielt schließen; Nachvollziehbarkeit sichern.
-
3
Basis-Modul umsetzen
11 Angaben strukturiert dokumentieren (Umwelt, Soziales, Governance) als verlässliche Grundlagenschicht.
-
4
Comprehensive ergänzen (optional)
Bei Ambition/Marktanforderung erweitern: Klimaziele, Risiken, Menschenrechte, Diversität; Relevanzprinzip beachten.
-
5
Bericht aufbereiten
Stand-alone oder integriert in den Lagebericht; zielgerichtet für Banken, Investoren und Geschäftspartner einsetzen.
Wesentlichkeit im VSME: Fokus statt Overhead
Anstelle der doppelten Wesentlichkeit gilt im VSME das „If applicable“-Prinzip: Nur relevante Themen müssen berichtet werden.
Dennoch empfehlen wir eine Light-Wesentlichkeitsanalyse: Sie sorgt für klaren Fokus, erhöht die Glaubwürdigkeit und mindert das Risiko von Greenwashing. Gerade für KMU ist das eine pragmatische Balance zwischen Aufwand und Aussagekraft.
Angabe „sofern einschlägig“ (If applicable)
B1 – Auslassung von Berichtspflichten aufgrund vertraulicher Informationen
B1 – Nachhaltigkeits-Zertifizierungen oder Labels
B2 – Praktiken, Strategien und künftige Initiativen zum Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft
B4 – Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden
B5 – Biologische Vielfalt
B6 – Wasser (Verbrauch)
B7 – Angaben zum Warenfluss
B11 – Verurteilungen und Geldstrafen wegen Korruption und Bestechung
C1 – Nachhaltigkeitsaspekte in Verbindung mit der Strategie
C2 – Beschreibung künftiger Strategien & Initiativen
C3 – Treibhausgasreduktionsziele und Klimawandel
C4 – Klimarisiken
C5 – Zusätzliche Merkmale der Arbeitskräfte
C6 – Zusatzinfos bei Vorhandensein eines Code of Conduct
C7 – Zusatzinfos bei Vorhandensein von Menschenrechtsverletzungen
C8 – Einnahmen aus bestimmten Sektoren
C9 – Geschlechtervielfalt in den Leitungsorganen
Immer berichtspflichtige Angabe
B1 – Grundlagen der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts
B3 – Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen
B6 – Wasser (Entnahme)
B7 – Ressourcennutzung, Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement
B8 – Arbeitskräfte: Allgemeine Merkmale
B9 – Arbeitskräfte: Gesundheit und Sicherheit
B10 – Arbeitskräfte: Entlohnung, Tarifverhandlungen und Ausbildung
C1 – Strategie: Geschäftsmodell
C6 – Zusätzliche Informationen für die eigene Belegschaft
C7 – Schwerwiegende negative Vorfälle im Bereich der Menschenrechte
C8 – Ausschluss von den EU-Referenzbenchmarks
Praxis & Learnings
- Industrie & Maschinenbau: starten oft mit Basis-Modul; schnelle Ergebnisse möglich.
- Automotive & Chemie: setzen früh auf Comprehensive, da Investoren und OEMs klare Klimaziele und Risikoangaben verlangen.
- Cross-Sector: VSME wird als Übungsfeld für CSRD genutzt – Prozesse wachsen schrittweise.
Unser Angebot
Wir bei Five Glaciers Consulting unterstützen KMU, den VSME pragmatisch und wirkungsvoll einzusetzen – wahlweise als Full-Service-Beratung oder als punktuelles Sparring.
- Full-Service: von Berichtsgrenzen über Datendesign bis zur finalen Aufbereitung.
- Sparring: Coaching für interne Teams, Unterstützung bei Light-Wesentlichkeit und Modulwahl.
- Brücke zur CSRD: Mapping VSME ↔ ESRS, damit Ihr Bericht anschlussfähig bleibt.
Beratungsgespräch vereinbaren · Unsere Leistungen für Ihre nichtfinanzielle Berichterstattung