DATUM
30.9.2025
AUTOREN
THEMEN
Governance & Regulatorik
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Die Bedeutung von Biodiversität und Ökosystemleistungen für Unternehmen ist lange Zeit unterschätzt worden. Erst in den vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass der Verlust biologischer Vielfalt nicht nur ein ökologisches Problem darstellt, sondern auch massive wirtschaftliche Risiken birgt. Laut einer Analyse des World Economic Forum hängen 55 % des globalen BIP direkt oder indirekt von funktionierenden Ökosystemen ab. Gleichzeitig gilt der Verlust der biologischen Vielfalt laut IPBES als eines der größten globalen Risiken der kommenden Jahrzehnte. Mit dem ESRS E4 – Biologische Vielfalt und Ökosysteme wird Biodiversität erstmals verbindlich in die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung integriert.
In unserer fortlaufenden Blogreihe über die Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) widmen wir uns heute dem ESRS E4, der die Berichterstattung über biologische Vielfalt und Ökosysteme regelt. Dieser Standard wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, da die Erhaltung der biologischen Vielfalt und gesunder Ökosysteme entscheidend für die globale Nachhaltigkeit ist.
Biologische Vielfalt und intakte Ökosysteme sind ein Grundpfeiler für die Stabilität unseres Planeten. Laut internationalen Analysen hängt fast die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) direkt von funktionierenden Ökosystemen ab – sei es durch landwirtschaftliche Erträge, Rohstoffverfügbarkeit oder Schutzleistungen wie Bestäubung, sauberes Wasser und Klimaregulation. Der Verlust dieser natürlichen Ressourcen durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und Landnutzungsänderungen hat massive Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und den Finanzsektor.
Genau hier setzt ESRS E4 an: Der Standard will Transparenz schaffen und Unternehmen dazu bewegen, Biodiversität systematisch in ihre Strategien, Governance und Prozesse zu integrieren. Ziel ist es, den Verlust an Artenvielfalt zu stoppen und die Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen sichtbar zu machen.
Biologische Vielfalt und gesunde Ökosysteme sind von wesentlicher Bedeutung für die Stabilität des globalen Klimas und die Erhaltung von Lebensräumen. Nahezu die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) hängt von der biologischen Vielfalt und intakten Ökosystemen ab. Der Verlust dieser natürlichen Ressourcen durch menschliche Aktivitäten wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Landnutzungsänderungen hat weitreichende Konsequenzen für die Umwelt und die Gesellschaft. ESRS E4 zielt darauf ab, Transparenz zu schaffen und Unternehmen dazu zu bewegen, nachhaltige Praktiken zu übernehmen, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen und die Ökosysteme zu schützen.
Das Hauptziel von ESRS E4 besteht darin, Transparenz über Wechselwirkungen zwischen Unternehmen und Natur herzustellen. Während Klimaberichterstattung bereits stark etabliert ist, bildet der Biodiversitätsstandard eine notwendige Ergänzung, um ökologische Zusammenhänge ganzheitlich darzustellen.
Unternehmen sollen nicht nur über Strategien und Maßnahmen berichten, sondern auch darlegen, welche Abhängigkeiten und finanziellen Risiken bestehen. Das umfasst beispielsweise den Verlust von Bestäuberleistungen in der Landwirtschaft, den Rückgang von Fischbeständen in der Lebensmittelindustrie oder die Verknappung von Holz und Biomasse für Bau- und Chemieunternehmen.
Ziel ist es, eine doppelte Wesentlichkeit abzubilden: einerseits die Auswirkungen des Unternehmens auf Natur und Ökosysteme, andererseits die finanziellen Effekte, die Biodiversitätsverlust für das Geschäftsmodell haben kann. Dadurch werden ökologische Themen stärker in den unternehmerischen Steuerungsprozess integriert – von der Strategieentwicklung über Investitionsentscheidungen bis hin zu Risikomanagement und Compliance.
ESRS E4 konzentriert sich auf die Offenlegungspflichten von Unternehmen in Bezug auf ihre Auswirkungen auf biologische Vielfalt und Ökosysteme. Unternehmen müssen darstellen, wie ihre Aktivitäten diese natürlichen Ressourcen beeinflussen, welche Maßnahmen sie ergreifen, um negative Auswirkungen zu minimieren oder zu verhindern, und wie sie ihre Strategien anpassen, um positive Effekte zu maximieren. Die Anforderungen erstrecken sich auf die Berichterstattung über die tatsächlichen und potenziellen positiven und negativen Auswirkungen, Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung sowie Ziele und finanzielle Auswirkungen.
Die Studie „Praxis der Nachhaltigkeitsberichterstattung 2024“ (DRSC/Deloitte, Mai 2025) liefert ein klares Bild über den aktuellen Umsetzungsstand in der DAX-40-Berichterstattung. Während Klimawandel (E1) fast durchgängig als wesentlich bewertet wird, fristet Biodiversität & Ökosysteme (E4) bislang ein Nischendasein. Nur eine Minderheit der Unternehmen hat diesen Standard als wesentlich eingestuft. Das bedeutet in der Praxis:
Doch die DRSC/Deloitte-Studie (S. 24) unterstreicht auch, dass die Branchenzugehörigkeit maßgeblich darüber entscheidet, wie relevant ESRS E4 eingeschätzt wird. So geben berichtende Unternehmen in den Sektoren Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Chemie, Grundstoffe, Energie, Bauwesen eine hohe Materialität an, Unternehmen im Bereich der Konsumgüter, Automobil, Transport & Logistik in mitterem Maße. Daraus ergibt sich ein Handlungsauftrag für Unternehmen in naturintensiven Sektoren: Biodiversität darf nicht länger als Nebenthema behandelt werden. Gleichzeitig sollten Unternehmen in weniger exponierten Branchen prüfen, wie indirekte Abhängigkeiten bereits heute ihre Risikoprofile und Geschäftsmodelle beeinflussen können.
Mit anderen Worten: Wer Biodiversität heute ignoriert, läuft Gefahr, in 2–3 Jahren mit Ad-hoc-Maßnahmen reagieren zu müssen – und das ist in komplexen Lieferketten meist teurer und riskanter als frühzeitige Integration.
Im Folgenden eine standardisierte Übersicht aller ESRS-Standards basierend auf S. 11 der DRSC/Deloitte-Studie (2025):
Der ESRS E4 wird in verschiedene Offenlegungspflichten und Anwendungsanforderungen unterteilt:
ESRS E4 steht nicht isoliert, sondern ist eng mit anderen ESRS verknüpft.
Ein zentrales Bindeglied ist ESRS E1 (Klimawandel): Klimarisiken wie Extremwetter oder steigende Temperaturen verändern Ökosysteme fundamental. Biodiversität und Klima müssen daher gemeinsam gedacht werden. Auch ESRS E3 (Wasser) ist stark verbunden – Wasserqualität und Verfügbarkeit sind entscheidende Faktoren für die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen.
Darüber hinaus spielt ESRS E4 eine Schlüsselrolle im Zusammenspiel mit den sozialen Standards (S1-S4). Der Schutz von Biodiversität steht oft in direkter Beziehung zu den Rechten indigener Völker oder zur Gesundheit lokaler Gemeinschaften. Und schließlich gibt es Berührungspunkte mit ESRS E5 (Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft): Ressourcenschonung reduziert den Druck auf Ökosysteme.
Unternehmen, die diese Synergien nutzen, vermeiden Redundanzen und können eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die ökologische und soziale Aspekte konsistent verbindet.
Die Implementierung von ESRS E4 ist deutlich komplexer als bei anderen Umweltstandards. Während CO₂-Emissionen vergleichsweise leicht quantifizierbar sind, erfordert Biodiversitätsmanagement ein multidimensionales Verständnis von Artenvielfalt, Lebensräumen und ökologischen Funktionen.
Typische Herausforderungen ergeben sich dabei in vier Dimensionen:
Empfehlungen für Unternehmen:
Der Entwurf vom Juli 2025 bringt auch für E4 wichtige Änderungen, die eine praxisgerechtere Anwendung ermöglichen. Besonders auffällig ist die Reduktion der verpflichtenden Datenpunkte um rund 41 %, was Unternehmen administrativ entlastet. Gleichzeitig wird stärker auf prinzipienbasierte Offenlegung gesetzt, die mehr Spielraum für branchenspezifische Ansätze lässt.
ESRS E4 zwingt Unternehmen, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, das bislang häufig unterschätzt wurde. Für Branchen mit hoher Naturabhängigkeit – etwa Landwirtschaft, Chemie, Bau, Konsumgüter – wird Biodiversität zu einem zentralen Risikofaktor. Doch auch Unternehmen anderer Sektoren sind betroffen, wenn sie etwa durch Landnutzungsänderungen, Lieferketten oder Emissionen indirekt Biodiversität beeinflussen.
Der Standard bietet Unternehmen die Möglichkeit, Naturkapital in den strategischen Steuerungsprozess zu integrieren, Reputationsrisiken vorzubeugen und die steigenden Erwartungen von Investoren und Gesellschaft zu erfüllen.
Um ein vollständiges Verständnis der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu ermöglichen, haben wir bei Five Glaciers Consulting eine Artikelreihe verfasst, die alle themenspezifischen Standards systematisch behandelt – von den Umwelt-Standards (E1–E5) über die Sozial-Standards (S1–S4) bis hin zu Governance (G1). Ergänzt werden diese durch die beiden Cross-Cutting Standards (ESRS 1 & 2), die die Grundlage für konsistente und vergleichbare Berichterstattung bilden. Lesen Sie direkt weiter und lesen unsere Fachartikel zu den themenspezifischen Standards der ESRS:
Artikel zuletzt aktualisiert am: 30.09.2025

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